30 Stills aus 30 Jahren
Stills
Gebrauchsfilm statt Traumkino
Phorushalle
Qualtinger liest Texte zur Slowenenfrage
Weinlandpotpourri
Asuma
Unbeschreiblich weiblich
Küchengespräche mit Rebellinnen
Stauraum Hainburg
Experten
Points and Lines
Erinnerungen an ein verlorenes Land
Ö-NORM-AL
ZEITZEUGEN: Fritz Kleinmann - Rückkehr unerwünscht
Wienminuten
Werkstattgespräche
Going nowhere fast
War Requiem. Liebe & Anarchie III
Japanische Briefe
Meine Liebe Mein Leben
Paranormal
Bridge to Monticello
Smoov's Planet
Die Kunst der Stunde ist Widerstand
Hommage to Kurt Kren
Film ist. (7-12)
Bilder, die das Herz schneller schlagen lassen
How do you like the Philippines?
Tibet Revisited
Interstate
Bluthochdruckerei
1978
Gebrauchsfilm statt Traumkino Videogruppe Publizistik
GEBRAUCHSFILM STATT TRAUMKINO
hieß der Slogan, mit dem wir eine der Aufklärung und der Gesellschaftskritik
verpflichtete Medienarbeit propagierten. Einer Kinowüste von bizarrer Monotonie setzten wir neue Formen des
Abspiels entgegen, und den vielhundertfach sprießenden Basisgruppen lieferten wir die Inhalte, die sie brauchten:
Anti-Akw-Filme, Filme zur Drittwelt-Problematik, Frauen-Filme, Filme zur Friedensbewegung. In vielerlei Hinsicht
bewegte Jahre, die unser Bewusstsein in dem Ausmaß prägten, in dem wir (nicht ganz erfolglos) das Bewusst-Sein
der Zuschauer zu verändern versuchten.
Michael Stejskal, Geschäftsführer des Filmladens
Michael Stejskal, Geschäftsführer des Filmladens
1979
Phorushalle Medienwerkstatt Wien
PHORUSHALLE
Samstag, 20.10.1979. Der "Ideenmarkt" der ÖVP in Wien-Margareten ist fast zu Ende,
als Jugendliche die alte Markthalle stürmen. Sie wollen die Schleifung der Halle verhindern und
ein autonomes Kulturzentrum errichten. 20 Stunden später und nachdem ihnen die Zigaretten ausgehen,
ziehen die Besetzer frei ab. Die Polizei übt nun mit dem Gummiknüppel Rache an den umstehenden
Sympathisanten. Eine Ranküne der regierenden SPÖ, so die ÖVP, wer Hunde anzieht kriegt Flöhe,
sagt SP-Stadtrat Mayer. Die Stadt aber erprügelt sich mit "Phorushalle" und Ähnlichem eine "Szene",
die sie später ihrem neuen jungen "branding" einpasst.
Siegfried Mattl, LBI für Geschichte und Gesellschaft
Siegfried Mattl, LBI für Geschichte und Gesellschaft
1980
Qualtinger liest Texte zur Slowenenfrage
Medienwerkstatt Wien
Medienwerkstatt Wien
"MIA BRAUCHMA A RUAH!" Dort, wo der
heimische Volksmund trotzdem nicht schweigen kann, hat
Helmut Qualtinger seine besten Texte angesiedelt: Stellvertretermonologe für das, was täglich
gesagt, aber vom heimischen Staatsfunk nicht adäquat aufgezeichnet wurde. Das vorliegende Video
liefert immer noch Parameter für ORF-Beiträge zur allgemeinen Lage, die an mangelnden Budgets
nicht scheitern müssten: Der Meister auf einer Wohnzimmercouch, das Blatt "Ruf der Heimat" studierend,
wuchtelfrei sich in die südösterreichische Seele versetzend - das Dokument auch eines Künstlers, der
sich von heimischen (Markt-)Wertvorstellungen nicht vereinnahmen ließ.
Claus Philipp, Der Standard
Claus Philipp, Der Standard
1981
WeinlandpotpourriGustav Deutsch, Ernst M. Kopper
WEINLANDPOTPOURRI Herbst 1980. Der junge Landesrat Erwin Pröll richtet im Namen des
Landeshauptmanns eine Grußbotschaft an die Besucher des Retzer Weinlesefests:"Ich glaube,
dass dieses Weinlesefest ein sehr deutliches Zeichen dafür ist, dass dieses Grenzland hier
gegen die Tschechoslowakei sehr wohl den Mut hat und den Willen hat, fest zu arbeiten,
fleißig zu arbeiten …" Wir stehen in der Menge und mischen live die Aufnahmen
unserer schwarz/weiß Videokameras. Wir sind vom Fernsehen. Da besteht kein Zweifel.
Weinlandpotpourri - ein Dokument der Medien-/Zeitgeschichte.
Gustav Deutsch, Filmemacher
Gustav Deutsch, Filmemacher
1982
AsumaGustav Deutsch, Gerda Lampalzer, Manfred Neuwirth
ASUMA Ein halbstündiges Videoprojekt, realisiert in Capellen,
Luxemburg. In einer Werkstatt
arbeiten Künstlerinnen und Künstler mit Behinderten. Anstelle klammer Betroffenheit herrscht
das Chaos fröhlicher Kreativität. Bilder, Skulpturen, Lautgedichte entstehen und der rote
Kompressor macht: "l l l l-l-l-l lllll-hssccchhhh" (Ernst Jandl hätt's nicht besser gekonnt).
Verstehen ist nicht alles, Missverständnisse gibt’s auch. "Wollt's uns net irgendwelche Fragen
stellen?", fragt einer der Künstler, aber so ein Film ist das nicht. Aufnahme und Montage, heißt
es im Abspann, Gustav, Gerda, Manfred.
Michael Omasta, Filmchef des "Falter"
Michael Omasta, Filmchef des "Falter"
1983
Unbeschreiblich weiblichIlse Gassinger, Gerda Lampalzer, Karin Schmid
UNBESCHREIBLICH WEIBLICH Etwas ist in Bewegung: Mann und Frauhaben auf
zwei Stühlen im Freien Platz genommen. Aber die Inszenierung ihres Verhältnisses vor der Kamera
ist nicht konform mit der traditionellen Repräsentation der Geschlechter. Die Filmarbeit mit
gesellschaftspolitischem – und das heißt hier: mit feministischem – Anspruch verläuft entlang
der Bruchlinie zwischen den alten Bildern und Zuschreibungen, die viele noch beschwören, und
etwas Neuem, zwischen dokumentarischer Bestandsaufnahme und wendigen Selbstinszenierungen.
Isabella Reicher, Der Standard
Isabella Reicher, Der Standard
1984
Küchengespräche mit RebellinnenKarin Berger, Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik, Nadja Trallori
KÜCHENGESPRÄCHE MIT REBELLINNEN Da steht sie am Herd, macht Tee für und
eine erklärende Geste hin zum Team von Frauen, die das Gespräch mit ihr filmen. Die Videomacherinnen vertrauen
auf das am besten geeignete audiovisuelle Medium zur Dokumentation erlebter Geschichte, auf die Gesichter und
das poetische Element der Erzählungen dieser und drei anderer Rebellinnen des Alltags, die mit großem Mut dem
faschistischen Regime Widerstand geboten haben. Und die Geschichte der älteren Frauen lebt weiter, indem sie
den jüngeren ihre Geschichten erzählen.
Brigitte Mayr, Filmwissenschaftlerin SYNEMA
Brigitte Mayr, Filmwissenschaftlerin SYNEMA
1985
Stauraum HainburgEva Flicker, Renate Holubek, Hermann Peseckas
STAURAUM HAINBURG Es wird sie immer geben. Die Wichtigtuer im Namen der Macht.
Lieber als sich selbst nehmen sie andere bei der Nase. Und es wird ihn immer geben.
Den zivilen Ungehorsam selbstbewusster BürgerInnen: gegen fragwürdige Polizeimethoden,
obrigkeitsstaatliches Denken und Demokratiedefizite. Hainburg bleibt das beste Beispiel
dafür, dass selbst gegen die gemeinsame Macht von Sozialpartnern und Regierung ein Gras
gewachsen ist. Engagement zahlt sich aus. Deswegen freilich zu glauben, soziale Verhältnisse
ließen sich nach Belieben verändern, wäre naiv.
Wolfgang Zinggl, Bundeskultursprecher der Grünen
Wolfgang Zinggl, Bundeskultursprecher der Grünen
1986
ExpertenManfred Neuwirth
EXPERTEN Nach dem Unglücksfall von Tschernobyl überkam mich so
etwas wie ein "heiliger" Zorn. Zum Glück fanden sich in meinem Videoarchiv Aussagen von Pro-AKW-Experten,
die ich nun mit großer Lust filmisch verarbeiten konnte. Von quer aufplatzenden Würsteln, von Gefahren, die
physikalisch gar nicht möglich sind, von 5-fach "draufgehauter" Dosis und den dadurch eventuell zwei zusätzlichen
Krebstoten war die Rede. Das fertige Video: die Rache aus dem Archiv, die Lächerlichkeit von Experten und ein
befreiender Akt für mich.
Manfred Neuwirth, Regisseur
Manfred Neuwirth, Regisseur
1987
Points and LinesKonrad Hofer, Dietmar Schipek
POINTS AND LINES Der Junge, der ich einmal war, hieß Angelo Amalgam
und hatte eine Kappe auf, die einmal mir gehörte. Und der Junge, der ich einmal war, spielte viel im Erdgeschoß,
von dem er vermutete, es müsse das Objekt einer ballistischen Untersuchung sein. Er experimentierte mit Cola und
Mintzuckerln ebenso wie mit Sätzen wie „Das Glück ist eine Nymphomanin“ oder „Germknödl san gern Knödl“. Und der
Junge, der ich einmal war, hatte Angst, diese Sätze würden wie Ohrenschlierfer in seinen Kopf kriechen und ihm
das Gehirn aufessen. So blieb von dem Jungen, der ich einmal war, nur die Angst vor dem Satz, der Junge, der
ich einmal war, hieß Angelo Amalgam …
Franzobel
Franzobel
1988
Erinnerungen an ein verlorenes LandManfred Neuwirth
ERINNERUNGEN AN EIN VERLORENES LAND Wie "Geschichte" spricht.
Seinerzeit, in den Waldheim-Jahren, als Manfred Neuwirths Film im Kino zu sehen war, wurden die Erzählungen
niederösterreichischer Bauern und Bäuerinnen (im Bild: Anna Gruber) als aktueller Kommentar "gelesen":
Das unaufgeregte Oral-History-Projekt Erinnerungen an ein verlorenes Land versammelte Betroffene erstmals vor der
Kamera, ließ die "vergessene" Geschichte (des Truppenübungsplatzes Allensteig) erinnern. Nicht als
Heldenerzählung, sondern als beredtes Zeugnis, in progress, als Studie über die Hierarchien des Gedächtnisses.
Constantin Wulff, Filmschaffender und Lehrbeauftragter für Dokumentarfilm
Constantin Wulff, Filmschaffender und Lehrbeauftragter für Dokumentarfilm
1989
Ö-NORM-ALIlse Gassinger, Anna Steininger
IRGENDWANN FRAGST DU DICH – WAS BIST DU WERT? liebe anna, liebe ilse,
ich habe eben euren film wieder gesehen. die erfahrungen der frauen sind noch wahr. das ist kein bild/ton essay
aus den fernen zeiten vor dem erreichen des selbstverständlichen (gleicher lohn für gleiche arbeit), sondern das
ist die krasse aktualität – gedächtnis und gegen wart gelebten lebens, in kopf und herz die utopie (fiktion) der
dokumentarischen filmarbeit und das versprechen künstlerischen arbeitens: wir haben es gesehen. wir zeigen es.
sehen und hören, bilder und töne: leben. film
Birgit Flos
Birgit Flos
1990
ZEITZEUGEN: Fritz Kleinmann - Rückkehr unerwünscht
Karin Berger, Lotte Podgornik
ZEITZEUGEN: FRITZ KLEINMANN – RÜCKKEHR UNERWÜNSCHT "Über Nacht, im 38er Jahr,
war unsere Kindheit beendet", für Fritz Kleinmann und seine Spielkameraden vom Karmeliterplatz: Stigmatisierung,
Diskriminierung, Verfolgung, Deportation nach Buchenwald, dann Auschwitz, Befreiung 1945 im KZ Gusen. Überleben, obwohl
"als Jude dem Tod geweiht", nicht zuletzt mit Hilfe der kommunistischen Häftlingsorganisation. Rückkehr nach Wien,
in die Stadt der Verfolger. – Albträume, aber: "Das Leben kannst nicht ausgrenzen!" Erst spät können
Überlebende beginnen, von ihren Schicksalen zu erzählen, als kulturelles Erbe für künftige Gegenwarten.
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Botz
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Botz
1991
Wienminuten, 37 Videobeiträgekuratiert von Manfred Neuwirth
WIEN, 15. OKTOBER 1991 "Unser Mann im All" lächelt, das Schnitzerl lockt
goldgelb, das Palmers-Bein bunt, Jörg Haider trägt Schnauzbart und Helmut Zilk ist "unser Bürgermeister". Der
Blasebalg faltet sich wie die Plakatwand dahinter. Jeder Ton ein Bild, jedes Bild ein Versprechen. Der Donauwalzer, ein
Wien-Stakkato für Akkordeon von Michael Langoth. Ein Ort, ein Datum - verdichtet in je einer Filmminute von 37 KünstlerInnen,
montiert zu etwa 45 "Wienminuten", einem heterogenen Wienfilm, in dem freie Assoziation neben strenger Struktur und dramatische
Essays neben kühler Abstraktion stehen.
Lisa Wögenstein, Kuratorin Wien Museum
Lisa Wögenstein, Kuratorin Wien Museum
1992
WerkstattgesprächeWalter Hiller, Manfred Neuwirth
WERKSTATTGESPRÄCHE Zwei Personen. Ein Paar? Im Gespräch vertieft.
Ursula Pürrer und (Angela) Hans Scheirl inszenieren einen Klassiker der Geschlechterdifferenz: die Mise-en-Scene
steht im Dienst einer Pose, die - hinreichend bekannt - an Eindringlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt:
sprechen und zuhören; erhobene Hand und zugewandter Oberkörper; herausfordernde Frontalität und geneigte Bescheidenheit.
Der Clou, selbstverständlich, liegt im Bruch der natürlichen Ordnung der Dinge und der Hinweis auf die Konstruiertheit
der andernorts so selbstverständlich zugestandenen Posse des Mann-Frau-Spiels.
Andrea B. Braidt, Filmwissenschafterin Wien
Andrea B. Braidt, Filmwissenschafterin Wien
1993
Going nowhere fastAnna Steininger
GOING NOWHERE FAST Als Anna Steininger 1993 "Going nowhere fast" produzierte,
beschäftigten uns noch die Nachbilder opulenter Video-Opern und globaler Fernsehprojekte. Im Gegensatz zu deren oftmals elegisch
romantischen Ästhetiken bringt Steininger allerdings die radikale Künstlichkeit des Zeit-Mediums Video auf den Punkt: ein alles
verschlingender, atemberaubender Streifzug, der sich das gesamte Sichtbare einzuverleiben und seiner Logik zu unterwerfen scheint.
Ein wahrliches elektronisches Pandämonium, ein Video als Ratsaal medialer Dämonen, deren Urteil lange in den digitalen visuellen
Gefilden nachhallte.
Reinhard Braun, steirischer herbst
Reinhard Braun, steirischer herbst
1994
War Requiem. Liebe & Anarchie IIIEva Brunner-Szabo
WAR REQUIEM Ein Bild, das eine Leerstelle aufweist. Nicht im Hinblick
auf seine Eindringlichkeit. Denn das Zermalmende des Krieges ist in ihm eingefangen. Der Militärstiefel beherrscht
den Raum, abstrakt in seiner Größendimension, plastisch in seiner Farbigkeit. Das zivile Leben wird an den Horizont
gedrängt, entstammt einer anderen Zeit und Wirklichkeit. Die Leerstelle ist nicht inhaltlicher Natur. Sie ist dem
Medienwechsel geschuldet: vom bewegten Bild, den ein akustischer Furor begleitet, zum stillgestellten Bild, das
schweigen muss. Aus der Totenmesse für den Krieg wird ein stummer Appell.
Elisabeth Büttner, Filmwissenschaftlerin
Elisabeth Büttner, Filmwissenschaftlerin
1995
Japanische BriefeEva Brunner-Szabo
JAPANISCHE BRIEFE Fremde Blicke und gewaltsame Begegnungen. Der Oberwarter Maler
Geza Brunner-Szabo präsentiert sein privates Raritätenkabinett, entstanden aus Begeisterung für die "wunderschöne Sache Kunst".
Der japanische Dichter und Arzt Saito Mokichi schreibt über das Wien der 1920er und über die unerträgliche europäische Angewohnheit,
an Blumen zu riechen. Mokichis Beschreibung eines Brueghel-Gemäldes kommentiert Kriegsszenen und das Bekennerschreiben zu den
Briefbomben von Oberwart. Das Fremde wird durch Exotisierung zum Eigenen, das Unerträgliche zum Wunderschönen der Kunst.
Monika Mokre, Politikwissenschaftlerin in Wien
Monika Mokre, Politikwissenschaftlerin in Wien
1996
Meine Liebe Mein LebenWalter Hiller
MEINE LIEBE MEIN LEBEN Leben am Land: Vier Menschen erzählen mit
größter Konzentration und großer Gelassenheit über ihr Leben, die Entdeckung ihrer Homosexualität und den
damit verbundenen Emotionen, Erfahrungen und Problemen. Sie schildern die Reaktionen ihrer Familien, das
(Un-)Verständnis im Freundeskreis, sie erzählen über ihre Gefühle und ihr Selbstverständnis. Stellt sich
heute die Frage, ob sich nach zwölf Jahren etwas geändert hat an der Einstellung zum Thema!?
Walter Hiller, Regisseur
Walter Hiller, Regisseur
1997
ParanormalGerda Lampalzer, Manfred Oppermann
PARANORMAL Die Vermessung der Welt, vom Sitzmöbel aus: Zwischen Hand und Hand
liegt das Unsichtbare. Es wird vektoriert durch ein seltsames Gerät. Eine Black Box? Ein Kamera-Auge? Klarer scheint da
schon, dass die Lederhose das Reflexionsorgan des Weltvermessers ist. Eingespannt zwischen Kaffee- und Brotschneidemaschine,
den Wasserboiler im Nacken, überführt er Erkenntnistheorie in Martial Arts: Schlägt die leere Hand zuerst zu? Oder kommt
ihm zuerst das Ding aus? Selbst der Schatten wirkt aggressiv. Jalousien schließen diese obskure Kammer für die Ewigkeit.
EinHöhlengleichnis?
Bert Rebhandl, Journalist
Bert Rebhandl, Journalist
1998
Bridge to MonticelloMichael Pilz
BRIDGE TO MONTICELLO Josef lernte ich im Sommer 95 bei Freunden im
Waldviertel kennen. Er malte einen uralten Steyr-Traktor, auf Luises Hof noch immer in Gebrauch. Seine Maltechnik
war perfekt. Etwa 25 Jahre zuvor war er in die USA ausgewandert. Er hatte genug von sozialer Kälte in Österreich.
Bei Grace Hartigan in Baltimore studierte er Malerei und wurde bekannt. Im März 96 besuche ich ihn in Dallastown,
von Washington D.C. 2 Stunden mit dem Auto. Ich bleibe drei Tage und filme mein Tagebuch. Er plant die Rückkehr
nach Österreich, da er die reaktionären Kräfte in den USA nicht länger erträgt.
Michael Pilz
Michael Pilz
1999
Smoov's PlanetDietmar Schipek
SMOOV'S PLANET Da sitzen drei Wesen. Sie sind kopflos.
Oder sie haben viel am und im Kopf: Maske, Vase, Papiersack, wirre Ideen und Reden in Nachvertonung.
Wie ist das Still zu lesen? Heutzutage kaum anders denn als Variation von Medienikonen des War on Terror:
Maskierte Fremde beargwöhnen ein Zeichen westlicher Macht. Im Fluss des Trick&Trip-Hop von Dietmar Schipeks
SciFilmNoir war das Still nicht Drohung, sondern Stil als Utopie: Die Echtheit des Dollar im Test durch Aliens;
selbst der Himmel ist Fake. War es anno 99 leichter, unecht, unwesentlich, zu sein?
Drehli Robnik, Filmwissenschaftler, Historiker
Drehli Robnik, Filmwissenschaftler, Historiker
2000
Die Kunst der Stunde ist WiderstandKollektiv "Die Kunst der Stunde ist Widerstand"
DIE KUNST DER STUNDE IST WIDERSTAND Großartig, was möglich war:
Unmittelbar nach der Bildung der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ griffen KünstlerInnen und AktivistInnen
zur Kamera und formulierten im Medium Film/Video Widerspruch gegen rechtsextreme und rechtspopulistische
Ideologie und Praxis. Kamera und Mikrofon als leicht verfügbare Produktionsmittel, mit denen rasch und
eindringlich politische Statements formuliert und veröffentlicht werden konnten – eindrucksvolle acht Stunden Material
sind dann schon bei der Diagonale desselben Jahres gezeigt worden.
Stella Rollig, Direktorin Lentos Kunstmuseum Linz
Stella Rollig, Direktorin Lentos Kunstmuseum Linz
2001
Hommage to Kurt KrenEva Brunner-Szabo
HOMMAGE TO KURT KREN Musik ist die Mutter aller zeitbasierten Künste.
Die Tonreihen reihen sich in der Zeit, sie sind also Zeitreihen. Der Film ist die Kunst der Illusion der Bewegung.
Kader sind so aufgereiht, dass sie bei einer bestimmten Abspielgeschwindigkeit das Auge täuschen. Filmstreifen aus
Einzelkadern sind also Zeitreihen und als solche Tonreihen der Musik vergleichbar. Kurt hat da her auf Millimeterpapier
Partituren gemacht wie ein Musiker und statt Noten Kader verzeichnet. Die Anzahl der Kader hat er visualisiert und
damit eine Partitur für den Filmschnitt geschaffen. Bei ihm war Film mehr als Illusion der Bewegung, er war ein
eigenständiges Medium des Rhythmus. Seine Kaderreihen waren Musik für das Auge.
Peter Weibel
Peter Weibel
2002
Film ist. (7-12)Gustav Deutsch
FILM IST. (7-12) Eine junge asiatische Frau blickt in die Kamera.
Ihr linker Arm ist in die Höhe gezogen, sie wurde bei einer Tätigkeit, bei ihrer Arbeit, abgelichtet.
Auf ihrem Gesicht steht der Ausdruck einer milden Irritation. Sie könnte darüber verärgert sein, dass man sie filmte,
während sie sich in einer ganz anderen Bewegung befand. Das Bild ist eingerahmt durch eine Kreisblende. Das macht es
zum Porträt, zur Trophäe der Neugierde auf Fremdes. Es ist ein Kader aus Gustav Deutschs "Film ist. (7-12)",
in dem der Blick auf den Fundus der Bilder des Kinos auf vielfache Weise erwidert wird.
Dominik Kamalzadeh, Kulturjournalist
Dominik Kamalzadeh, Kulturjournalist
2003
Bilder, die das Herz schneller schlagen lassen25 KünstlerInnen
ALLEGRO MODERATO. Warum soll ein Kater Klavier spielen? Ich weiß es auch nicht.
Jedenfalls macht er es hervorragend. Er sieht elegant dabei aus, ist sehr konzentriert, hält sich an dramaturgische
Regeln und weiß, wann es genug ist. Im Herbst 2003 folgte ich Manfred Neuwirths Einladung, eine Minute für ein
filmisches Gemeinschaftsprojekt zu gestalten. Thema: "Bilder, die das Herz schneller schlagen lassen." Etwa eine
Woche nahmen die Dreharbeiten in Anspruch, fallweise wurden sie von meiner Tochter Mara mit offenen Whiskas-Dosen
unterstützt. In so einer Situation gelang es dann auch, dass der Kater ein Stück mit Anfang und Ende spielte.
Karin Berger
Karin Berger
2004
How do you like the Philippines?Gerda Lampalzer
ES WAR DAS GESICHT philippinischer Krankenschwestern, das für
viele hierzulande den Abschied von den Operetten-Asien-Klischees markierte. Mehr als Vietnam. Die Realität
der Arbeitsmigration war mit ihm hier angekommen. Weiblich. Der Massentourismus und die Bildmaschinen der
Globalisierung haben das kurze Erstaunen längst durch die neuen Klischeebilder vom Tauch-, Heirats- und
Transvestitenparadies der "immerhin katholischen" Philippinen übermalt. Mit ihrem nüchternen
Blick auf Straßen in Cebu sowie in Wien gekaufter philippinischer Ware und der doppelten Antwort auf die
Titelfrage: They serve you well! They surf you well! warf Gerda Lampalzer hier eine neue auf:
Was ist hier eigentlich angekommen?
Georg Schöllhammer
Georg Schöllhammer
2005
Tibet RevisitedManfred Neuwirth
TIBET REVISITED Worauf schaut man, was ist wichtiger: Das Lächeln des Steppkes
links oder das Gitternetz davor, das doch eigentlich bloß dazu da ist, die Kinder vor Fehlsprung-Verletzungen
zu bewahren, und das dabei so ungleich viel mehr zu insinuieren weiß über das Leben der VRC-beherrschten Tibeter,
die für so viele in der VRC-Nomenklatura allein Unmündige sind? Und wovor fürchtet sich der Bub rechts? Vielleicht
sollte man in der fröhlichen Neugierde aufgehen, mit der der Kleine links in die Kamera schaut, ihren Blick hält.
Ihm und seinem Freund gehört dieser Augenblick, und damit die Welt, denn so wie es kein fremdes Leid gibt,
gibt es auch keine fremde Freude.
Olaf Möller, Filmkritiker
Olaf Möller, Filmkritiker
2006
InterstateDariusz Kowalski
INTERSTATE Das Video zeigt ein stetes Erscheinen und Verschwinden
von Fahrzeugen auf Interstate-Highways in einer Wüstenlandschaft. Eine jede als Kontinuum wahrgenommene
Bewegung eines Objekts ist zum eigentlichen ein Diskontinuum aus Momentaufnahmen, die erst in ihrer synthetischen
Bearbeitung als Fluss erscheinen, ob als Ergebnis unseres „inneren Kinematographen“ (Bergson), oder als Resultat
all jener Apparate - Motoren wie Kinematographen und Prozessoren -, mit denen wir Bewegung herstellen.
Wir leben stets im Takt von zwei Zuständen zugleich, von Schlag/Nichtschlag, Ein/Aus, Eins oder Null.
Marc Ries
Marc Ries
2007
BluthochdruckereiGerda Lampalzer
BLUTHOCHDRUCKEREI album.
du, ich, fliegenden schwalben gleich, ruhen im flug. uns überflügelnd, unter glas, im spiegel
aus fluss, arm und see. neu, reich, schauen wir, kreis laufende, trunken, bar allen drucks -
SO WEIT SO GUT HOFFENTLICH NICHT ZU HOCH
freigehalten 4.11.2008, ferdinand schmatz:
SO WEIT SO GUT HOFFENTLICH NICHT ZU HOCH
freigehalten 4.11.2008, ferdinand schmatz: