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© Sinthujan Varatharajah
aus: Sinthujan Varatharajah: an alle orte, die hinter uns liegen, Essay, 2022


Foto © Gangart

Carte Blanche, Disque Noir & Plaque d’Argent
Zwei Veranstaltungen

im Rahmen der laufenden Rauminstallation Carte Blanche Disque Noir von gangart
09.12.2022 – 13.01.2023, Di – Fr 17:00 – 20:00 Uhr
Medienwerkstatt Wien, 1070, Neubaugasse 40a

Ein wachsender und diskursiver vielsprachiger Raum. Das weiße Blatt, die schwarze Scheibe, die Silberplatte - sie sind die Materialien, in welche die unseren Sinneswahrnehmungen zu Grunde liegenden physikalischen Ereignisse eingraviert werden, um sie transportabel und abrufbar zu machen. Das Medium hat sich zwischen uns und die Welt geschoben. So steht der Transfer zwischen (medialen) Sprachen, wo das Miß_verständnis strukturell in die Übersetzung von Systemen verbaler, visueller, technologischer Artikulationsformen eingeschrieben ist, im Widerspruch zur eindeutigen Fixierung und Verfügbarmachung. Das ist in seinem multiperspektivischen, translokalen und performativen Charakter produktiv. Giorgio Agamben beschreibt den Zwischenraum in der immer präsenten Zweisprachigkeit von Dialekt, dem mündlichen der Sprache, und der grammatikalisch regulierten, normierenden Sprache, in dem sowohl eine andauernde Übersetzung als auch eine gegenseitige Formierung stattfindet, als den schöpferischen Raum, die „Sprache im Entstehen“. Die hier vorgestellten Wege und die darin stattfindenden Ereignisse verstehen sich als solche Orte.

Montag, 09.01.2023, 19:00 Uhr
Paysage, revisited
Gangart - Simonetta Ferfoglia, Heinrich Pichler Themenführung
Gustavo Petek Soundintervention

Paysage. Bildbeschreibung des Auftragsgemäldes für einen Schrotthändler, 406 Metallbuchstaben, 20 bearbeitete Lada bzw. Moskwitsch - Motorhauben, produziert von Art Today Association - Center for Contemporary Art Plovdiv, kuratiert von Jakob Racek unter der Mitarbeit von Familie Nikolov, Ivan Tomov, Raicho Georgiev, Frau Vasileva und Herr Rusenov von Optela Technologies.

Gustavo Petek Soundintervention.
An den konzeptionellen und klanglichen Elementen der „Paysage“ ansetzend, spielt die Klangintervention mit deren Übersetzung und mutiert in einen eigenständigen, von Elektronik und intensiver Gitarre geprägten Sound.

Gangart arbeitet als Team in wechselnden Besetzungen in den Bereichen Kunst und Architektur, Kuratieren, Design, Ausstellungsgestaltung und Artistic Research. Thematische Schwerpunkte liegen, angefangen von der – performativen – Auseinandersetzung mit österreichischer Architektur einer durch rechte Kontinuitäten geprägten Nachkriegsmoderne, in partizipativen zeithistorischen Museums-Ausstellungen und Projekten zu Fragen der Migration und Repräsentation, im kritischen Feld des Sammelns von materieller Kultur der „Anderen“ und den damit verbundenen institutionellen Strukturen, sowie einem Interesse an de-hierarchisierenden Arbeitsformen im Kontext von gesellschaftlichen Umbrüchen, insbes. im Osten und Südosten Europas.

Gustavo Petek benutzt selbst aufgenommene analoge Sounds, eine Gitarre und ein Notebook um Musik zu generieren. In seiner Geburtsstadt Buenos Aires studierte er Kunst und Fotografie und spielte in Underground-Bands. Ab 2002 beschäftigte er sich in Barcelona mit Tontechnik und Produktion. Seit 2016 lebt er in Wien und erprobt performative Zugänge und experimentelles Sounddesign. Seit 2016 betreibt er das Label Small Forms, das sich zeitgenössischen Musikformen widmet.

Dienstag, 10.01.2023, 19:00 Uhr
Zur Kamera
Sinthujan Varatharajah Vortrag und Gespräch
Moderation: Ruby Sircar

Die Kamera gelangte mit den kolonialen Expansionen der Europäer*innen im 19. Jahrhundert in die vielen Kolonien dieser Welt. Dort wurde sie über Jahrzehnte hinweg gnadenlos gegen die Körper und Landschaften Anderer gerichtet. Irgendwann geriet jedoch diese Technik in die Hände der Fotografierten: den kolonialen Subjekten. Wie veränderte dieser technische Transfer die daraus entstandenen Abbildungen? Und welche Bedeutungen hatten diese für die sich nun vermeintlich Selbstabbildenden?

Sinthujan Varatharajah ist politische Geograf*in und Essayist*in. Ihr*seine Arbeit beschäftigt sich mit Staatenlosigkeiten, (Im)mobilitäten und Geografien der (Ohn)macht, mit einem besonderen Fokus auf Infrastrukturen und anderen Baukulturen. Varatharajahs erstes Buch an alle Orte, die hinter uns liegen ist im Herbst 2022 im Hanser Verlag erschienen.
 
Ruby Sircar liebt Popkultur, insbesondere dann wenn diese ein anti-koloniales Gesicht trägt. Lieblingsbeispiele zur Zeit sind Ms. Marvel und Zarna Garg. Performance und Sprache Sound und Migration sind die Grundbausteine meiner künstlerischen Arbeit an der Akademie der bildenden Künste - ob Lehrend oder als Betriebsrätin - im Vorstand der IG Bild und in der VBKÖ.


© Varatharajah